Funk

POLYCOM

Das digitale Bündelfunksystem POLYCOM ist das Sicherheitsfunknetz der Schweiz.

Ursprünglich unter dem Projektnamen «TETRAPOL» bekannt, wurde dieses speziell für die Kommunikationsanforderungen von Behörden und Organisationen für Rettung und Sicherheit (BORS) entwickelt. Es ist ähnlich wie das aus der Mobiltelefonie bekannte GSM ein zellulares Netz, dessen Netzstruktur mit analogen Bündelfunknetzen vergleichbar ist. Das System wird im UHF-Frequenzbereich betrieben, die technische Ausrüstung wird von der Firma Siemens angeboten.

Die flächendeckende Einführung von POLYCOM wurde 1998 beschlossen mit dem Ziel, die Kommunikation zwischen sämtlichen nationalen, kantonalen, regionalen und kommunalen Sicherheits- und Rettungsorganisationen auf operativer Ebene sicherzustellen.

Die schnelle und direkte Kommunikation zwischen den verschiedenen Einsatzorganisationen und den Krisenstäben , auch über Kantonsgrenzen hinweg, ist für die erfolgreiche Ereignisbewältigung ein entscheidender Erfolgsfaktor. POLYCOM ermöglicht es allen BORS des Bundes, der Kantone und der Gemeinden erstmals seit Einführung der drahtlosen Kommunikation, ein schweizweit einheitliches System zu nutzen.

Bis dato sind bereits das Grenzwachtkorps, die meisten kantonalen und kommunalen Polizeikorps, Luftrettungsdienste wie die REGA und die AAA, Zivilschutzorganisationen, Feuerwehren und viele Rettungsdienste mit POLYCOM ausgerüstet, weitere BORS folgend laufend. Im Endausbau werden somit über ein gemeinsames System miteinander verbunden sein:


Technisches

  • Frequenzbereich Fixstationen: 390.0050 – 399.9850 MHz (Kanal: 1 bis 999)
  • Mobilstationen: 380.0050 – 389.9850 MHz (Kanal: 1 bis 999)
  • Der Bereich 395-400 MHz ist zusätzlich für den Bereich Verteidigung (MilSich) vorgesehen
  • Duplexabstand: 10 MHz
  • Kanalraster: 10 kHz, V35.04
  • Kanäle pro Zelle: 4, 8 oder 16, max. 24
  • Sendeleistung: Basisstation 25 W, Mobilstation 1-10 W
  • Modulation: GMSK
  • Kanalzugriffsverfahren: FDMA (Frequency Division Multiple Access)
  • Datenrate: 7.6 kBit/s
  • Modulation: FDMA (Frequency Division Multiple Access)

Das Netz eignet sich für den Sprech- wie den Datenfunk. Die Funkkommunikation erfolgt grundsätzlich verschlüsselt, d.h. Unbefugte können die Gespräche nicht mithören. Zu bestehenden analogen oder digitalen Funknetzen ist mit Einschränkungen, über ein sogenanntes «Merging» durch eine Zentrale, ebenfalls eine Kommunikation möglich.

POLYCOM kann innerhalb der einzelnen Einsatzorganisationen, aber auch organisationsübergreifend eingesetzt werden. So besteht die Möglichkeit, dass beispielsweise bei einem Grossereignis die Polizei zusammen mit der Feuerwehr und den eingesetzten Rettungsdiensten eine Ad-hoc-Benutzergruppe bildet.

Die Funkkommunikation ist zudem schweizweit über die Sendeanlagen, lokal aber auch im “Walkie-Talkie-Betrieb“, d. h. im Direktmodus (DMO), möglich.

Wie beim Telefon können mit jedem POLYCOM-Gerät landesweit mit jedem angeschlossenen Partner Individualgespräche geführt werden. Es ist auch jederzeit möglich, auf einfachste Weise einen Notruf abzusetzen, der sofort die Funkzentrale (z. B. Einsatzzentrale der Polizei) und/oder alle anderen Funkteilnehmer in der Umgebung erreicht.

Im Gegensatz zu den konventionellen analogen Festkanalsystemen, bei denen jeder Dienst bzw. jeder Benutzer einen bestimmten Funkkanal fest zugeteilt erhält, werden bei Bündelfunksystemen die Frequenzen den einzelnen Teilnehmern und Diensten dynamisch zugeordnet. Damit kann man den sog. Bündelgewinn ausnützen und die Spektrumseffizienz erhöhen.

Der zellulare Aufbau der POLYCOM-Infrastruktur kann mit einem kommerziellen GSM-Netz verglichen werden. POLYCOM erlaubt aber neben der direkten Wahl eines Teilnehmers über eine individuelle Teilnehmernummer auch eine Gruppenkommunikation. Zentralen haben die Möglichkeit, Verbände aus der gleichen oder verschiedenen Organisationen, die in unterschiedlichen “talkgroups“ kommunizieren, temporär zusammenzuschalten. POLYCOM bietet somit organisationsübergreifende Kommunikation und trotzdem betriebliche Eigenständigkeit.

Die Kommunikation kann in drei unterschiedlichen Betriebsarten erfolgen:

  • Kommunikation über die POLYCOM-Systeminfrastruktur (“Systembetrieb“)
  • direkte Kommunikation von Endgerät zu Endgerät im DMO
  • Kommunikation über ein mobiles Funkrelais im IDR-Modus

Im Systembetrieb erfolgt die Kommunikation über die Funkbasisstationen und die Vermittler.

Für Einsätze in Gebieten ohne Funkinfrastruktur wie zum Beispiel in Kellern und Tunneln oder nach Naturkatastrophen können die Sprechfunkgeräte in den DMO umgeschaltet werden, wo sie als unabhängige Funkgeräte funktionieren und so die Kommunikation der Einsatzkräfte untereinander aufrecht erhalten. Für die Alarmierung – insbesondere bei der Feuerwehr – ist auch ein Pagersystem integrierbar. Als Verbindungskanal zur REGA (Heli-Einweisung) dient der DMO-Kanal 481.

  • Offener Kanal
    Der Offenkanalruf ermöglicht die temporäre Gruppenkommunikation zwischen Teilnehmern, die verschiedenen Gruppen angehören und somit unterschiedliche OG-Nummern benützen. Eine Gruppe von Teilnehmer kann sich so im offenen Kanal, während der Einschaltdauer, miteinander unterhalten. Innerhalb des offenen Kanals hört jeder jeden und kann jederzeit sprechen. Um am Gespräch teilzunehmen, muss der Teilnehmer lediglich die OG-Nummer einer im offenen Kanal befindlichen Gruppe wählen.
  • Einzelruf
    Jedes Endgerät hat eine eindeutige 9-stellige Rufnummer, sie sogenannte “RFSI“. Ein Individualruf entspricht der Verbindung in einem öffentlichen Mobilfunksystem (GSM, UMTS). Ein Teilnehmer wählt die Rufnummer eines bestimmten anderen Teilnehmers und wird mit diesem verbunden, ohne dass Andere mithören können.
  • Konferenzschaltung
    Ein Teilnehmer kann max. 4 weiteren Teilnehmern in ein Konferenzgespräch einbinden. Jedes Mitglied der Gruppe kann alles mithören und mitsprechen. Eine Konferenzschaltung kann dynamisch modifiziert werden, d.h. es können Mitglieder hinzugefügt oder entfernt werden.
  • Ruf an alle
    Der “Ruf an alle“ ist eine unidirektionale Punkt-zu-Multipunkt-Verbindung in einem bestimmten Gebiet. Das Gebiet und die Teilnehmer sind zum Voraus bestimmt. Die einzelnen Teilnehmer quittieren den Ruf nicht, und der Rufende hat demzufolge keine Kontrolle darüber, wer den Ruf empfangen hat und wer nicht. Ein Ruf an alle wird in der Regel vom Disponenten der Zentrale ausgelöst.
  • Notruf
    Ein Notruf kann von jedem Endgerät mit Hilfe der Notruftaste abgesetzt werden. Der Notruf erfolgt mit der höchsten Priorität auf die Einsatzleitstelle und, wenn diese aus irgend einem Grund nicht antwortet, an sämtliche Endgeräte in einem definierten Umfeld.
  • Kurznachrichtendienst: Statusmeldungen und Kurznachrichten
    Zwischen dem Disponenten zu den Endgeräten und umgekehrt, oder zwischen den Endgeräten,können Statusmeldungen und freier Text (bis 150 Zeichen pro Meldung) übermittelt werden.
  • Direct mode (DMO)
    POLYCOM ermöglicht auch dann eine Kommunikation, wenn keine fixe Systeminfrastruktur zur Verfügung steht. Im “Direct mode“ können mehrere Endgeräte, sofern sie sich in der Netzreichweite befinden, ohne Systeminfrastruktur miteinander kommunizieren. Wird innerhalb einer Netzabdeckung im DMO gearbeitet, ist ein Mithören auf der Systeminfrastruktur möglich. Mit dieser Funktion wird sichergestellt, dass auch Teilnehmer, die im DMO arbeiten, gerufen werden können.
  • IDR mode
    Ist das Schadensgebiet weiträumig oder topographisch so schwierig, dass die Einsatzkräfte untereinander im DMO nicht oder nur beschränkt kommunizieren können, kann mit einem “Independent Digital Repeater“ (IDR) eine temporäre Funkabdeckung realisiert werden. Mit der Installation des IDR auf einem erhöhten Standort kann ein weiträumiges Schadensgebiet temporär mit einem Infrastrukturkanal versorgt werden. Die Nutzer können im “IDR mode“ ihre Funkreichweite erweitern.
  • Kopplung von IDR-Netzen
    Umfasst das Ereignis mehrere Schadenplätze, die weit entfernt voneinander liegen oder durch eine topographische Barriere getrennt sind, und erfordert die Koordination der Einsatzkräfte eine Kommunikation zwischen den Schadenplätzen, so können einzelne IDR-Netze aufgebaut und mit Funkbrücken verbunden werden.
  • Kopplung eines IDR-Netzes an bestehende Systeminfrastruktur
    Befindet sich der Schadenplatz ausserhalb der Funkversorgung eines Regionalnetzes und besteht ein Bedürfnis der Kommunikation mit den Einsatzkräften, die sich innerhalb der Funkabdeckung eines Regionalnetzes befinden, so kann der Schadenplatz temporär mit einem IDR versorgt und mit einer Funkbrücke an die Regionalnetzinfrastruktur gekoppelt werden. Die Einsatzkräfte im Schadengebiet können so in eine “talkgroup“ des Regionalnetzes eingebunden werden.

Da bei Polycom alle Verbindungen von Endgerät zu Endgerät durchgängig verschlüsselt sind, ist auch ein Abhören ausgeschlossen. Mit automatisch wechselnden Schlüsseln wird jeder Code schon lange verändert, bevor er entziffert werden könnte. Gleichzeitig gibt es aber auch die Möglichkeit zur unchiffrierten Übermittlung von Nachrichten, was zum Beispiel für die Kommunikation zwischen Polizeikräften am Boden und dem Rettungshelikopter wichtig sein kann.

Bei Verlust oder Diebstahl eines Funkgerätes lässt sich jedes Gerät mit einem einfachen Befehl überall im Netz vorübergehend oder dauerhaft ausser Betrieb setzen.

Informative Links zum Thema:


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